Dietmar Edtmayr

Lizensierter Feldenkrais-Lehrer in Linz

Klientengeschichten

Knie und Hüfte - Frau Ottilie Schwarz

Selbst der beste Chirurg kann keine Wunder vollbringen und so blieb mein linkes Bein nach der Hüftprothesen Operation weiterhin 4 cm kürzer. Da ich mir aber geschworen habe, nie wieder eine Schuherhöhung zu tragen, suchte ich nach Möglichkeiten, die Beinmuskeln zu stärken und zu dehnen.

Ratschläge erhielt ich genug. Einer davon war: Wirbelsäulengymnastik. Ich muss dazu erklären, dass ich damals 55 Jahre alt war und seit 25 Jahren keinen Sport betrieben hatte. So lag ich ganz erbärmlich auf der Matte, musste zusehen wie die langjährigen TurnerInnen ihren Oberkörper, die Beine und beides gleichzeitig heben konnten, während ich, trotz Bauchnabel in der Matte und angespanntem Po, meinen Kopf gerade 1 cm vom Boden bekam. Im Lauf der Zeit konnte ich mich etwas steigern und lag nicht mehr ganz so jämmerlich auf der Matte, war aber am Ende der Stunde verschwitzt und ausgelaugt.

Ein weiterer Rat war: Osteopathie. Der Therapeut empfahl mir, als Ergänzung zu seiner Behandlung, einen Feldenkrais Kurs zu besuchen.

Hier tat sich plötzlich eine ganz neue Welt für mich auf. Wir liegen entspannt auf der Matte, wir machen kleine sanfte Bewegungen und dazwischen wird auch noch pausiert. Am Ende der Stunde war ich entspannt, weich und fröhlich.

Im Laufe der Zeit konnte ich beobachten, dass Bewegungen, die wir im Wirbelsäule Kurs bei höchst angespannter Muskulatur machen, bei Feldenkrais nach kurzer „Aufwärmphase“ aus sich selbst heraus entstehen.

So habe ich meine Liebe zu Feldenkrais entdeckt, denn das Programm „wenig anstrengen und nachher wohlfühlen“ ist ganz auf meine Bedürfnisse zugeschneidert. Außerdem gibt es keinen Konkurrenzkampf, denn man kann bei Feldenkrais nichts falsch machen (außer man nimmt das Bein statt des angesagten Arms).

Viel, viel schwieriger war für mich das In-Mich-Hören und -Spüren. Meine inneren Monologe möchte ich hier nicht wiedergeben, denn das Angebot an Sätzen wie „wie soll denn das gehen, ich g`spür absolut nix“ etc. war ziemlich breit gefächert. Irgendwann habe ich es aufgegeben und dann hat es funktioniert, ich habe begonnen zu spüren. Nicht dass ich ganz plötzlich hochsensibel wurde, nein, ich spüre noch immer lange nicht alles, aber wie sagt Herr Edtmayr so richtig: “so wie es ist, ist es“.

Apropos Herr Edtmayr: Nach Ausprobieren einiger Trainer habe ich, auf Empfehlung einer Freundin, in der VHS den Feldenkrais Kurs belegt. Ich bin dort in eine Gruppe von langgedienten FeldenkraiserInnen gekommen, die schon strenge und sanfte Lehrer erlebt haben. Als im neuen Kursjahr am „Lehrerbankerl“ nicht die von uns sehr geschätzte Trainerin saß, sondern ein etwas verlegen wirkender Herr, waren wir natürlich sehr skeptisch. Nach der Stunde wurde im Damenumkleideraum sofort und einstimmig das Urteil gefällt: „Er ist der Beste“

Bei meiner routinemäßigen Hüftkontrolle war der Arzt voll des Lobes, ja sogar voll der Bewunderung. So eine weiche Hüfte und so eine gute Aussenrotation wünsche er sich für alle seine PatientInnen. Von 4 cm Beinlängendifferenz war überhaupt nicht mehr die Rede, 2 cm wurden gemessen. Schade, dass es keinen Hl. Feldenkrais gibt, ich hätte ihm gerne ein Dankeschön-Kerzerl angezündet.

Beim nächsten Kontrolltermin war der „hüftbegeistere“ Arzt überhaupt nicht „kniebegeistert“. Nach anschaulichen und einleuchtenden Erklärungen habe ich zugesagt, das Knie durch eine Prothese ersetzten zu lassen. Als zusätzliches Hilfsmittel für die Genesung, empfahl mir der Arzt vor der Operation eine physiotherapeutische Behandlung. Ich habe „den Besten“ gefragt, ob er mich dabei unterstützen kann, und wir haben eine Einzelstunde vereinbart.

Einzelstunden unterscheiden sich von den Gruppenstunden ganz gewaltig. In der Gruppe wird auf das Wohl für Alle Wert gelegt, alleine geht`s aber dann schon ins Detail aber auch in die Selbstverantwortung.

Nach der ersten Stunde habe ich die OP abgesagt. (Es sieht so aus, als ob ich mich leicht überreden lasse, aber dieser Eindruck täuscht, denn so einschneidende Veränderungen werden nicht ad hoc getroffen, sondern sind sehr wohl bestens überlegt). Und dann begann die Kleinarbeit, denn nun sollte ja nicht mehr vorgebeugt, sondern geheilt werden.

Ich habe z.B. "richtig" sitzen gelernt und wann und auf welcher Seite ich meine Taschen trage soll; lauter Dinge, über die ich nie im Leben auch nur einen einzigen Gedanken verschwendet hätte. Schwieriger war es bei den Schuhen, die sollten keinen Absatz haben. Als Kompromiss habe ich mir flache Hausschuhe gekauft.

Da die „Hardware“ nun stimmte, konnten wir mit der „Software“ beginnen. Und wieder es gab eine Überraschung für mich. Feldenkrais wird nicht nur aktiv, sondern auch passiv durchgeführt. Man liegt entspannt da und wird von warmen, weichen Händen ganz sanft durchgeknetet, gedreht, gedrückt, verschoben, verlängert, verkürzt, kurz man tut nichts und doch ist der ganze Körper in Bewegung. Es ist so wohltuend, dass man sich wünscht, es möge nie aufhören.

Sichtbare Erfolge haben sich schon nach kurzer Zeit eingestellt. Ich konnte mein linkes Bein in gebeugter Haltung max. 5 cm heben. Nun schaffe ich schon 30 cm und ich kann das Bein, ohne Unterstützung der Hände, in dieser Höhe halten. (Diese Position brauche ich beim Anziehen von Unterhöschen oder Rock)

Aktiv muss ich noch viel lernen. Ich dachte immer, ich sei schon perfekt, aber jetzt merke ich, dass zum Idealzustand noch ein weiter Weg führt. Auch lernte ich zu erkennen, dass die für mich scheinbar kleinen Bewegungen doch teilweise viel zu groß sind und mir Schmerzen bereiten. Bei fast schon „mikroskopisch kleinen“ Bewegungen finden Reaktionen statt und, wie ich zugeben muss, sogar wirkungsvollere. Um mein Ziel, 2011 den Jakobsweg mit meinem eigenen, guten Knie zu gehen, zu erreichen, bedarf es noch viel Geduld des Trainers (die hat er) und viel Disziplin (hoffentlich nimmt sie nach der ersten Euphorie nicht ab) meinerseits. Ich bin jedoch sehr zuversichtlich, dass wir es schaffen werden.

 

Ich erzähle natürlich im Freundes- und Bekanntenkreis von meinen neuen Erfahrungen. Dass ich die OP abgesagt habe haben sie begrüßt, dass ich aber eine Therapie mache, die ich selbst zahlen muss, versteht niemand. „Du gibt so viel Geld aus“ ist die allgemeine Meinung. Ich finde aber, dass ich das Geld nicht ausgebe sondern investiere – ich investiere es in meine Gesundheit. Ich denke, dass ich mein Geld in einer Feldenkrais Einzelstunde besser anlege als in der berühmten Spritzenkur oder bei „Wellness“. An Äußerlichkeiten sparen die Menschen nicht, aber an sich selbst schon. Ich bin es mir wert, so für mich zu sorgen, dass es mir auch in der Zukunft gut geht wird.

Frau Ottilie Schwarz

 

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